Home Knowledge Wie in Zürich das Metaversum entsteht: Meta-Ingenieurinnen erzählen

Wie in Zürich das Metaversum entsteht: Meta-Ingenieurinnen erzählen

by admin

Bei einem Online-Anlass des Vereins Girls in Tech Switzerland gaben Angestellte des Meta-Konzerns, ehemals Facebook, einen raren Einblick in ihre Arbeit in den Zürcher Büros.

«Man kann sich allein fühlen als Frau im Tech-Bereich. Ich weiss, wovon ich spreche, ich habe in den Neunzigern Informatik studiert», erzählt Britta Hummel, leitende Ingenieurin bei Meta in Zürich. Sie und fünf andere Meta-Angestellte sind zu Gast bei einem virtuellen Anlass des Vereins Girls in Tech, der Frauen in dieser Branche vernetzt.

Bisher hiess ihre Firma Oculus. Sie entwickelt Headsets für die virtuelle Realität. Seit 2014 gehört sie zum Facebook-Konzern, anfangs als Randgeschäft. Das hat sich geändert, seit Facebook sich als Metaversum-Konzern etablieren will. Nun wird die Technologie von Oculus zum Kerngeschäft des Konzerns.

Für die Büros in Zürich bedeutet das Wachstum und Aufwertung, statt 200 sollen bald 350 Angestellte hier arbeiten. Auch deshalb sind die sechs Frauen für Girls in Tech interessante Gäste. Ausser Hummel sprechen die drei Computer-Vision-Ingenieurinnen Catherine Herold, Anna Dodik und Larissa Laich, die Tech-Künstlerin Alessia Marra und die Personalerin Tanja Prtija. 

Die Ausführungen sind nicht nur für Anwärterinnen interessant, sondern geben einen raren Einblick in die Arbeit von Meta in Zürich. Medien gegenüber kommuniziert der Konzern nämlich meist sehr gefiltert.

Zehn Millionen verkaufte Oculus-Headsets

Das Hauptprodukt von Oculus ist ein Headset namens Quest, das langsam vom Nischen- zum Massenprodukt wird. Von Quest 2 wurden laut dem Chip-Lieferanten der Firma bisher zehn Millionen verkauft. Wer es sich aufsetzt, sieht und hört eine künstlich erzeugte Welt und kann mit ihr interagieren. In der Metaversum-Vision von Firmenchef Mark Zuckerberg sollen Menschen allerdings nicht nur in eine ganz künstliche Welt eintauchen, sondern die echte und die virtuelle Welt sollen verschmelzen.

Um das zu erreichen, filmt das Quest-Headset die Umwelt des Trägers mit zwei kleinen Kameras. Die Computer-Vision-Ingenieurin Herold erklärt, warum es nicht trivial ist, daraus ein 3-D-Bild für den Träger zu machen. Der sieht seine Umwelt durch zwei Displays vor seinen Augen, und nur, wenn die Displays exakt versetzte Bilder anzeigen, rekonstruiert sein Gehirn ein dreidimensionales Bild ohne Anstrengung, welche sich durch Kopfschmerzen oder Übelkeit äussern kann. Das Headset verfolgt die Kopf- und Augenbewegungen der Träger und errechnet die richtigen Bilder.

Im Metaversum gekaufte Kleider sollten auch «in echt» sitzen

Erschwert wird die Aufgabe dadurch, dass sie in Echtzeit und lokal auf dem Headset abgewickelt werden soll. Die Entwicklerinnen müssen also ohne aufwendige Algorithmensysteme und tiefe neuronale Netze auskommen, die auf ausgelagerten Servern laufen.

Laich und Dodik tüfteln an der Darstellung echter Dinge in der virtuellen Welt. Wie können Aussehen, Bewegungsmuster und Ausdruck eines Individuums auf einen Avatar übertragen werden? In Zürich arbeitet Oculus an verspielten Darstellungen, die aber an die echte Person erinnern – ein wenig wie Karikaturen oder die personalisierten Emojis von Apple. In Pittsburgh, Pennsylvania, gestaltet ein anderes Team der Firma realistische Avatare. Klar, wer sich vorgenommen hat, die Grundlagentechnologie fürs Metaversum zu erschaffen, darf keinen Trend verpassen.

Aber nicht nur Menschen, auch Objekte sollen ins Metaversum übertragen werden. Etwa Kleidungsstücke, die man in der virtuellen Welt anprobieren und bestellen könnte. Damit die dann auch in der realen Welt sitzen, braucht es einiges an Koordinationsarbeit. Die Pose einer Person muss in die virtuelle Welt übertragen, Dehnen und Fallen des Kleidungsstücks berechnet werden. Die Rechnungen sind kompliziert und innovativ, Spitzeninformatiker beschäftigen sich damit. Für Meta ist die Relevanz klar. Das Unternehmen hofft, an Anwendungen wie virtuellen Shops im Metaversum Geld zu verdienen.

Ein Skandalkonzern als attraktiver Arbeitgeber

Realität wird das allerdings noch einige Jahre nicht sein. Aktueller ist das Feld der Künstlerin Marra, die hier ist, um zu erklären, warum nicht nur Ingenieurinnen nötig sind, um ein Metaversum zu entwickeln. Es braucht auch Leute, die überlegen, wie man die Nutzer engagiert. Marra war etwa an einem spielerischen Programm beteiligt, mit dem man die Nutzer des Quest-Headsets dazu gebracht hat, die eigene Wohnung zu vermessen. Mit diesen Informationen integriert Meta die Hindernisse der echten Welt in die virtuelle, etwa damit die Headset-Nutzer nicht gegen die Wände ihrer Wohnung laufen. Aber das Vermessen soll auf keinen Fall als Last empfunden werden. Deshalb arbeiten an solchen Aufgaben nicht nur Techniker, sondern auch Leute wie Marra.

Abschliessend gibt die Personalerin Tanja Prtija Tipps für die Bewerbung. Die Zuhörerinnen fragen im Chat auch nach den ethischen Standards im Meta-Konzern oder der Zugänglichkeit dieser Technologie in ärmeren Teilen der Welt. Für Tech-Interessierte sind die Oculus-Büros zwar ein attraktiver Arbeitgeber. Aber das Rebranding unter dem Namen Meta lässt nicht alle Facebook-Skandale auf einen Schlag verpuffen. Und wenn Britta Hummel ältere Gruppenbilder aus dem Oculus-Büro zeigt, mit weit mehr Frauen als im Tech-Sektor üblich, und fast nostalgisch von dem kleinen Team erzählt, kann einen das Gefühl beschleichen, dass sich auch einige Mitarbeiter eher mit Oculus als mit Meta identifizieren.

Quelle:

Foto: Wenn sich das Metaversum etabliert, braucht man Headsets nicht mehr nur zum Computerspielen.

Stephen Lam / Reuters

https://www.nzz.ch/technologie/facebook-wie-in-zuerich-das-metaversum-entsteht-ld.1658254

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