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Mobiles Arbeiten startet durch – Es metaverselt

by admin

„This could have been an e-mail.“ Dieser Satz – im Sinne von: „Statt dieses Meetings hätte eine E-Mail auch gereicht.“ – ist längst ein geflügeltes Wort. Überflüssige Besprechungen sind wohl schon so alt wie die Menschheit selbst. Zu Corona-Zeiten aber hatten sie Hochsaison: Zwar erwies sich das digital gestützte Arbeiten von zu Hause aus (gerne, wenn auch häufig juristisch nicht korrekt, „Home-Office“ genannt) als ebenso effektiv wie Büroarbeit, manche Beschäftigte waren am heimischen Arbeitsplatz sogar produktiver. Zugleich aber mutierte der Alltag oft zur Endlosschleife von Web-Konferenzen.

Denn im Corona-Lockdown galt es, sich online abzustimmen, und in vielen Firmen stimmt man sich lieber zu viel ab als zu wenig. Zudem erfordert Remote Work Vertrauen in die abseits Werktätigen – und manche Vorgesetzte machten offenbar heimliches Misstrauen durch häufige Online-Besprechungen wett. So reihte sich in die Liste der IT-Anglizismen bald „Zoom Fatigue“ ein: die Erschöpfung durch Dauervideokonferenzen. Umdenken tut hier also not. „Der Wandel von der Präsenz- zur Vertrauenskultur muss an der Spitze beginnen“, sagt Oliver Bendig, Chef des Softwarehauses Matrix42. „Es geht darum, deutlich zu machen: Arbeit ist kein Ort mehr, und auch keine bestimmte Zeit. Wichtig dabei: Wir messen nach Output, nicht nach Input.“

Hybrid Work

Jedenfalls hat die Krisenzeit Remote Work einen Schub verliehen. „Wenn die COVID-19-Pandemie eines gezeigt hat, dann, dass Innovation überall stattfinden kann“, so Citrix-Vordenker Tim Minahan. „Nach anfänglicher Skepsis wissen Führungskräfte inzwischen um die Vorteile hybrider Arbeitsmodelle (gemeint ist: Mix aus Büro- und Remote-Arbeit, d.Red.) und sind dabei, diese schnell umzusetzen.“ Jüngst veröffentlichte Citrix den Report „The Age of Hyper-Innovation“ auf der Basis von Interviews mit 1.200 Führungskräften, darunter 200 aus Deutschland. Nach Angaben von 89 Prozent der befragten Führungskräfte hat die Einführung neuer Tools aufgrund der Pandemie die Zusammenarbeit erheblich verbessert. Vier von fünf erwarten deshalb nun für ihr Unternehmen eine hochinnovative Phase, so der Report. Neue Technologien und flexibles Arbeiten haben laut Citrix’ Hochrechnungen im letzten Jahr weltweit zu einem Umsatzanstieg von 678 Milliarden Dollar geführt.

Online-Kollaboration und Cloud-basierte digitale Workspaces erleichtern Hybrid Work, kann man damit doch jederzeit und überall arbeiten. Doch laut Frank Weishaupt, Chef von Owl Labs, gibt es bei videogestützter Zusammenarbeit noch Luft nach oben: „Frontalkameras eignen sich für längere Meetings in hybriden Teams nur noch bedingt“, betont er. Man brauche inklusivere Technik für eine produktive hybride Meetingkultur. Owl Labs produziert dafür 360-Grad-Kameras mit KI-gesteuertem Auto-Zoom auf die sprechende Person. „Es ist Zeit für Technologie“, so Weishaupt, „die sich an unsere veränderten Bedürfnisse anpasst, nicht umgekehrt.“

Diese Einschätzung teilt man offenbar bei Cisco: Der IT-Vorreiter präsentierte kürzlich die Innovation Webex Hologram, die in Webex-Meetings mittels AR-Headsets (Augmented Reality, erweiterte Realität) 3D-Darstellungen entfernter Teilnehmer ermöglicht. Echtzeit-Hologramme sollen virtuelle Meetings so realistischer machen. Der Berufsalltag bewegt sich damit in Gefilde, die man bislang nur aus der Science Fiction kannte.

Snow Crash

In „Snow Crash“, Neal Stephensons SciFi-Kultroman von 1992, muss der Held und Protagonist Hiro Protagonist (ja, er heißt so) zusammen mit der Teenagerin Y.T. in bester James-Bond-Manier das Weltherrschaftskomplott eines Medienmoguls stoppen. Anders als Agent 007 jetten sie aber nicht werbewirksam von Fernreiseziel zu Fernreiseziel: Teils schlagen sie sich durch ein düsteres, konzernbeherrschtes Amerika, teils als Avatare (visuelle Stellvertreter) durch eine immersive digitale Parallelwelt, das „Metaverse“. Trotz all der dystopischen Elemente lieferte der Roman die Blaupause für einige Projekte im Silicon Valley. So erlangte um 2006/07 die Virtual-Reality-Plattform Second Life, auf der sich Avatare zum Social Networking treffen können, temporär Prominenz. Während des Hypes eröffneten diverse Unternehmen dort Filialen, Hausmessen fanden virtuell statt. Heute dümpelt Second Life mit ein paar Zehntausend Nutzern vor sich hin. Die Metaverse-Idee konnte sich damals noch nicht durchsetzen – nur im Consumer-Markt bieten einige Multiplayer-Online-Games ein ähnlich immersives Erlebnis wie von Stephenson inszeniert.

Zwei mächtige US-Konzerne greifen diese Idee nun auf: Facebook und Microsoft. Mark Zuckerberg stellte kürzlich entsprechende Pläne vor, und sein Unternehmen firmierte um in Meta – wohl um schon früh Ansprüche auf die Platzhirschposition im Metaverse anzumelden. Microsoft hingegen arbeitet am Metaverse fürs Business: Die AR-Plattform Mesh, vorgestellt im März, dient dazu, beispielsweise Entwicklungsteams die standortübergreifende Arbeit an holografischen oder realen Objekten zu erleichtern. Mesh for Teams integriert künftig AR-Funktionen von Mesh in Microsofts Collaboration-Lösung. Die Software soll es der Hybridbelegschaft erlauben, per Avatar an virtuellen Meetings und Chats teilzunehmen und gemeinsam an Dokumenten oder Projekten zu arbeiten.

Die Vorteile laut Microsoft: Beschäftigte, die ihr Äußeres – aus welchen Gründen auch immer – gerade nicht für kamerakompatibel halten, können sich durch Avatare vertreten lassen. Zugleich könne der Ansatz bei introvertierten Menschen die Hürde für die aktive Meeting-Teilnahme senken. Außerdem erleichtere die AR-Welt das Onboarding neuer Beschäftiger, was Microsoft während der Pandemie mit dem Pilotkunden Accenture getestet hat.

Mesh for Teams soll 2022 als Preview verfügbar sein – und mittelfristig per KI und verbesserter Sensorik auch Kopfbewegungen und Gesichtsausdrücke widerspiegeln. AR-Technik könnte die nächste Evolutionsstufe digitaler Arbeit darstellen – nicht weil sie neu wäre, sondern weil Faceb… sorry: Meta und Microsoft sie mit all ihrer Marktmacht pushen. Ein Caveat: Die Menschheit steht vor dem Ende des fossilen Zeitalters, aber noch ohne Plan für den Übergang ins nächste – und das Metaverse dürfte weltweit enorme zusätzliche Rechenpower erfordern. Solange regenerative Energie nicht im Überfluss vorhanden ist (und das ist derzeit nicht in Sicht), sollte man bei neuer wie auch bei alter Technik auf die CO2-Bilanz achten. Für ein Tracking- und werbefinanziertes Konsumentenmetaversum kann diese Gesamtrechnung nur grauslig ausfallen. Kommen hingegen Entwicklungsteams per Mesh statt per Flugzeug zusammen, sieht die Bilanz schon erheblich besser aus. Bei Tools wie Mesh for Teams oder Webex Hologram heißt es abwägen – nicht, dass man laufend mit hohem Rechenaufwand AR-Meetings abhält, von denen es dann heißt: „This could have been an e-mail.“
 

Quelle:

Foto: Microsoft

https://www.lanline.de/kommunikation/es-metaverselt.253767/seite-2.html

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