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(ALP-)TRAUM METAVERSE – Gekommen, um zu bleiben – Metaverse for Learning
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(ALP-)TRAUM METAVERSE – Gekommen, um zu bleiben

by admin

Das“ Metaverse gibt es nicht, so viel aktuell auch davon gesprochen wird. Zumindest noch nicht. Denn Big Tech macht Ernst, man will die Smartphone-Ära überwinden und das nächste Kapitel in der Computergeschichte aufschlagen. Schon jetzt drängt sich die Frage auf, ob dieses aus einem Science-Fiction- oder einem Horrorroman stammt.

Das Headset drückt, die Augen jucken, Brillenträger leiden doppelt: Nicht alles ist eitel Wonne in der neuen Welt, die wir bald besiedeln sollen. Virtual Reality (VR) für den Heimgebrauch hat in den letzten Jahren zwar einen riesigen Sprung gemacht, leidet aber nach wie vor unter vielen Kinderkrankheiten. Tragekomfort und die Steuerung sind ausbaufähig. Zudem lassen sich nicht alle VR-Anwendungen gut mit den Grenzen des menschlichen Organismus vereinen – Stichwort Motion-Sickness, also grob gesagt Übelkeit durch Gleichgewichtsverirrung.

Und doch hat sich in den letzten Jahren in der Branche etwas verändert. VR-Brillen haben sich von teuren, unausgegorenen Staubfängern zu einem einigermaßen erschwinglichen Freizeitspaß für das Wohnzimmer gemausert. Viele Spiele machen bedenklich großen Spaß und können tatsächlich schweißtreibend sein, das erleichtert das Gewissen und erhöht die Motivation. Und immer wieder beschleicht einen das Gefühl: Das könnte groß werden, ganz groß.

Fast alles ist möglich

Eigenhändig das Schwert schwingen, ein Raumschiff steuern, seine eigene Welt erschaffen und sich gemeinsam mit Freunden grenzenlos in ihr bewegen. VR verspricht – vielleicht noch nicht jetzt, aber auf jeden Fall für die Zukunft – vollkommene Immersion. Ganz unbegrenzt von den Beschwernissen des Lebens. Hier muss man nicht jedes Mal den „Ready Player One“-Vergleich überstrapazieren, das Potenzial ist auch so jedem offensichtlich, der einen Versuch in der Brille wagt.

Aber das Spielen soll ja nur der Anfang sein. Mit Virtual Reality wollen die omnipräsenten Tech-Konzerne digitale Paralleluniversen kreieren. Das Metaverse will alle möglichen Lebensbereiche umfassen, man soll als Avatar arbeiten, reisen, lernen, Kontakte pflegen und konsumieren. Damit will man die Gamer-Sphäre hinter sich lassen und den Casual User ins Boot holen. Im Facebook-Sprech heißt es auch nicht mehr „Spiele“, sondern „Erlebnisse“, man will ein „soziales, virtuelles 3-D-Erlebnis“ erschaffen, in dem man „Dinge tun kann, die man in der physischen Welt nicht tun könnte“.

„Nächste Welle des Internets“

Absehbar möglich erscheint das technisch alles schon. Aber wollen die Nutzerinnen und Nutzer das überhaupt? Aktuell gehen so gut wie alle Big-Tech-Konzerne die Wette darauf ein, dass die Antwort darauf letzten Endes ein klares Ja sein wird. Wohlgemerkt ein Ja, das mit Geldbörse und Nutzungszeit gegeben wird. Vor allem die Facebook-Mutterfirma Meta steckt de facto schon seit Jahren Unsummen in die Entwicklung, kauft neue Technologien auf und rafft Personal an sich. Zuletzt wurde ein neuer Supercomputer präsentiert, der zum Rückgrat des Metaverse werden und die User über Sprachgrenzen zusammenbringen soll.

Microsoft betonte bei der jüngsten Präsentation der Quartalszahlen, man wolle Gewinne in den Aufbau des Metaverse investieren. Dieses sei die „nächste Welle des Internets“. Erste Schritte wurden schon gemacht, in einem beispiellosen Branchendeal um 70 Mrd. Dollar sichert sich Microsoft erstklassige Spielemarken und nannte diese „Bausteine für das Metaverse“. Schon länger auf dem Tisch liegen Pläne für Microsoft Mesh, das eine Art Hologramm-Büro schaffen will.

Auch Apple arbeitet angeblich an einem eigenen Ökosystem, das allerdings mehr Richtung Augmented Reality (AR) gehen soll. Facebooks Ansatz einer 100-prozentigen Verpflanzung in digitale Welten lehnt Apple Gerüchten zufolge naserümpfend ab. Der auf Apple spezialisierte Tech-Journalist Mark Gurman habe aus dem Konzern erfahren, dass eine komplett virtuelle Welt wie die von Facebook geplante „tabu“ für Apple sei. Apples Priorität sei die Entwicklung eines AR-Headsets, das den ganzen Tag getragen werden könne und langfristig das Smartphone ersetze. Möglich, dass auch Alphabet auf diese Schiene setzt – man denke an Projekte wie Google Glass, die womöglich ihrer Zeit voraus waren.

Metaversen mit Firmengrenzen

Eins ist klar: Um die Menschen wirklich zu fesseln und VR massentauglich zu machen, ist erst die große Hardware-Frage zu lösen. Denn solange die eingangs beschriebenen Probleme nicht behoben sind, kann man sich nur schwer vorstellen, dass U-Bahn-Passagiere in die VR-Brille statt ins Smartphone schauen. Wenn die Technologie dann weit genug ist, wird es wohl am Ende so sein wie beim Streaming: Statt „dem“ einen, definitiven Metaverse wird es am Ende eher mehrere geben. Ein offenes, dezentrales Metaverse, an dem alle mitwirken können, wirkt derzeit wie ein Traum von warmen Eislutschern.

Mann trägt VR-Headset am Kopf und VR-Mikrofon über Mund
Derzeit wird mit Hardware experimentiert, die Ergebnisse sind teils interessant. Das Bild zeigt übrigens ein Mikrofon. – APA/AFP/Patrick T. Fallon

Der gute, alte Facebook-Trick

Um sich gleich zu Beginn des Rennens an die Spitze zu katapultieren und die künftigen virtuellen Welten nach seinen Vorstellungen zu formen, treibt Facebook derzeit eine gewaltige PR-Offensive voran. Deren größter Clou ist wohl, dass Facebook den im Grunde neutralen Begriff Metaverse gekapert hat.

Um User zu gewinnen, nutzt der Konzern eine alte Masche, die schon mehrfach funktioniert hat. Mitte der 2000er landete man auf Facebook, weil alle Freunde dort waren, zehn Jahre später wiederholte sich das Spiel für eine neue Generation mit Instagram, und mittlerweile erscheint es sowohl Jung und Alt absolut illusorisch, sich je von WhatsApp lossagen zu können.

Die nächste Station ist dann Facebooks quietschbunte, inklusive Gute-Laune-Variante des Metaverse. Anders ist diesmal, dass Facebook auch die Hardware mitliefert. Mit der Einsteiger-VR-Brille „Oculus Quest 2“ um rund 350 Euro schafft Meta ein relativ niederschwelliges Angebot, bei dem man sich Appetit holen soll.

Ein beunruhigender Ort

Das funktioniert. Und gleichzeitig merkt man schnell: Das Metaversum ist schon in seiner Erstausbaustufe ein reizvoller, aber zugleich höchst beunruhigender Ort. Offensichtlich ist, dass VR das Prinzip der Abkapselung, Vereinzelung und des Eskapismus auf die Spitze treibt. Die Gesellschaft hat die vom Smartphone verursachten Brüche im sozialen Umgang teils noch nicht einmal anerkannt, geschweige denn verarbeitet, und nimmt schon die nächste sozial invasive Technologie ins Visier.

Anti-Drogenunterricht für chinesische Kinder mit VR-Brillen
Chinesische Schulkinder in einer VR-Anti-Drogen-Schulung – picturedesk.com/Eyevine/Cao Yiming Xinhua

Die Politik hat schon bisher kaum Leitplanken eingezogen. Und dass sich Big Tech selbst reguliert, da besteht angesichts des Status quo nur wenig Grund zu Optimismus. Gleichzeitig erscheint ein Betrieb von offenen, gemeinschaftlich genutzten virtuellen Räumen ohne strikte Regulierung und Überwachung schon jetzt quasi unmöglich. Zu viel Potenzial haben die offenen Räume der virtuellen Realität für Trolle, Goldgräber, Kriminelle und Agitatoren. Die noch kleine Befürchtung ist hierbei, dass selbst ernannte Influencer soziale Räume in VR zu einer permanenten Werbeveranstaltung verkommen lassen.

Von Kopf bis Fuß auf Konsum eingestellt

Das dürfte allerdings ohnehin egal sein, denn das Metaverse erscheint schon per Entstehung durchkapitalisiert. An allen Ecken und Enden wird bereits daran gearbeitet, die virtuelle Realität – und zwar nicht unbedingt hardwareseitig – zur Gelddruckmaschine zu machen und User nicht nur hüben, sondern auch drüben zum Konsum zu animieren. Kein Wunder: Die Grenzen für die Produktion digitaler Inhalte sind quasi unendlich.

Gewiss auch vom generellen Spekulationsboom befeuert, pumpen Investoren schon jetzt Millionen in den Kauf von virtuellen Grundstücken. Abomodelle für Sport- oder Spieleanwendungen stehen ins Haus, und der Konsum in der realen Welt lässt sich wunderbar mit jenem der virtuellen verbinden. Naheliegendstes Beispiel sind Modemarken, die ihre Kreationen im Metaverse vertreiben. Aber de facto sind der Fantasie bei der digitalen Produktverwertung kaum Grenzen gesetzt.

Unkenrufe, denen zufolge Menschen für derartige Inhalte kein Geld ausgeben würden, sind längst verstummt. Man braucht nur einen Blick auf die Spielebranche werfen (oder leidgeplagte Eltern fragen): In-Game-Inhalte und Mikrotransaktionen sind ein Millionengeschäft. Menschen sind gewillt, für die Individualisierung und Gestaltung ihrer digitalen Identitäten Geld auszugeben. Kein Wunder, man verbringt ja auch reichlich Zeit darin – jetzt schon, und durch die Pandemie noch mehr.

Zum Erfolg verdammt

Vieles hiervon ist noch Zukunftsmusik, auch der Breitenerfolg von Virtual Reality ist nicht garantiert. Und wenn sich die Technologie durchsetzen kann, wird wohl noch viel über die virtuellen Realitäten, ihre Ausgestaltung und Auswirkungen gestritten. Derzeit erscheint ein zweites Leben in 3-D schon angesichts des verbissenen Vorantreibens durch die Konzerne zum Erfolg verdammt. Das schier unerschöpfliche Potenzial der Kommerzialisierung ist wohl der schwerwiegendste Grund, warum das Metaverse gekommen ist, um zu bleiben.

Quelle:

https://orf.at/stories/3244814/

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